Gebührenboykott - Informationen zum Kampf für Gebührenfreiheit an der Universität Hamburg

Niels Kreller

Fachschaftsrätekonferenz

Ich möchte Sie bitten, zu folgenden Punkten Stellung zu nehmen:
Erstens: „Alle wollen Studiengebühren, und deshalb werden sie auch kommen“, so säuselt und flötet es aus allen Büros in der Wissenschaftsbehörde, um dann verstärkt als Posaune von Jericho über die bundesrepublikanische Bildungslandschaft hinwegzufegen. Nun sieht es aber so aus, dass von 16 Bundesländern gerade einmal sechs Gebühren einführen wollen und eines davon – Hessen – damit etwas Probleme hat. Herr Koch ist zwar gerade dabei, die Verfassung zu brechen. Aber es ist dort festgelegt, dass die Bildung gebührenfrei sein muss. Nun ja, wir werden sehen, wie das ausgeht. Zudem, zugegeben, es gibt eine Umfrage des Centrums für Hochschulentwicklung, eine wahrhaft neutrale Institution in dieser Auseinandersetzung, die besagt, dass auch Studierende mehrheitlich Studiengebühren wollen. Nun hat das Centrum für Hochschulentwicklung bei der Umfrage leider die Antwortoption „Ich möchte gar keine Studiengebühren“ vergessen, und es gab nur die Auswahl zwischen mehreren Modellen. Okay, es kommt bei wirklich repräsentativen Umfragen heraus, dass kaum jemand in dieser Bundesrepublik Studiengebühren will. Warum also werden sie eingeführt?

Zweitens: Zum Kreditmodell des Senats ist schon einiges gesagt worden. Ich möchte noch eine Sache anfügen. Und zwar ist das Kreditmodell so gestaltet, dass Akademiker, die nach ihrem Abschluss einen sehr niedrig bezahlten Job haben, sehr viel mehr zahlen, als Leute, die einen besser bezahlten Job haben. Also aufgrund der langen Laufzeit und der Zinsen müssen sie bis zum Doppelten dessen, was sie aufgenommen haben, zurückzahlen. Also hier eine Umverteilung oder eine Ungerechtbehandlung, dass diejenigen, die arm sind, mehr zahlen müssen und die, die reich sind, weniger bezahlen müssen. Das, würde ich sagen, ist eine totale Umkehrung des Prinzips des Sozialstaates. Und dazu sollten Sie auch mal Stellung nehmen bei ihrem Gesetz. Der dritte Punkt ist, dass Studiengebühren auch deshalb sozial ungerecht sind, weil sie die Ungleichheit in dieser Gesellschaft weiter befördern. Ein kurzes Beispiel dazu: In den Kriegskassen der 30 größten DAX-Unternehmen dieser Republik sind 370 Milliarden Euro. Und Kriegskasse bedeutet, dass das Geld ist, was für Übernahmeschlachten zurückgelegt wird, entweder um eine Übernahme abzuwehren oder um eine Übernahme in die Wege zu leiten. Und wir wissen, dass bei Übernahmen und Fusionen immer Arbeitsplätze vernichtet werden. Dafür ist dieses Geld da, dafür wird es zurückgelegt, dafür dürfen sie anscheinend das Geld zurücklegen. Aber es sollen Studiengebühren erhoben werden. Und wir haben mal durchgerechnet, dass wenn die 370 Milliarden Euro auf ein Postbankkonto legen würde, ein Postsparbuch, könnte man alleine von den Zinsen, die in einem Jahr davon abfallen, den Universitäten so viel Geld zukommen lassen, wie wenn alle Studierenden dieser Republik 500 € Studiengebühren zahlen. Und man hätte noch genug übrig, um allen Kindertagesstätten das an Gebühren zu geben, was die im Moment verlangen müssen. So sieht es aus. (Beifall aus dem Publikum) Offensichtlich gibt es also ein Interesse, diese 370 Milliarden nicht anzutasten, dafür aber von den Studierenden 500 € zu verlangen. Und deswegen möchte ich zum Schluss von Ihnen eine Stellungnahme jeweils haben, in wessen Interesse sitzen Sie da oben? (Beifall aus dem Publikum)


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http://www.gebuehrenboykott.de/artikel_35.html [Stand 15. Mai 2006]