Gebührenboykott - Informationen zum Kampf für Gebührenfreiheit an der Universität Hamburg

Der Boykott der Studiengebühren - eine Aktion zur sozialen Emanzipation

Gesellschaftliche Bündnispartner für Gebührenfreiheit, solidarisches Engagement und menschliche kultivierte Lebensbedingungen

Erhard Pumm
Vorsitzender des DGB Hamburg

Studieren ist unbezahlte Arbeit
Welche Vorstellung von Studieren steckt eigentlich dahinter, wenn dafür eine Gebühr entrichtet werden soll? Offenbar dass Studierende anderer Leute Leistungen in Anspruch nehmen und selbst wenig bis nichts tun. Wer akzeptiert, dass Studieren eine Arbeitsleistung junger Erwachsener ist, wird nicht so leicht auf die Idee kommen, ihnen bzw. ihren Eltern dafür auch noch Geld abzuknöpfen. Studieren ist unbezahlte Arbeit. Deshalb muss man sich ein Studium leisten können. Deshalb müssen so viele Studierende daneben auch noch einer bezahlten Arbeit nachgehen, denn ihre Eltern können sich auf familiäre Finanzierung angewiesene erwachsene Kinder nicht leisten. Jetzt sollen sie darüber hinaus auch noch Studiengebühren bezahlen! Wir haben ein Schulsystem in Deutschland, das sozial Schwächere diskriminiert wie kein anderes in ganz Europa. Jetzt soll für finanzschwache Familien eine weitere Hürde errichtet werden. Auf diese Idee können nur Menschen mit viel Geld und wenig Gerechtigkeitssinn kommen.
Natürlich stimmt auch die andere Seite, Universitäten und Fachhochschulen, Lehrpersonal und Lehrmittel kosten viel Geld. Der Staat, dem diese Investition zu viel ist, soll einpacken.


Wolfgang Rose
Landesbezirksleiter ver.di Hamburg

Solidarität oder Sozialdarwinismus
"Jedermann hat die sittliche Pflicht, für das Wohl des Ganzen zu wirken.", steht in der Hamburger Verfassung. "Eigentum verpflichtet", steht im Grundgesetz.
In Hamburg aber sind die Gegensätze gewachsen. Privater Reichtum blüht oft im Verborgenen, aber Armut und Hoffnungslosigkeit vieler Menschen werden immer sichtbarer jetzt. Immer neue Büro- und Hotelpaläste schießen aus dem Boden, doch die Hotelzimmer der Shareholder und ihrer Manager werden in dieser Stadt schon mal für Stundenlöhne von zwei Euro geputzt. Jungfernstieg und Hafencity werden poliert, aber in Osdorf, Billstedt oder Harburg kommt kein Politiker mit der Gießkanne vorbei.
In Hamburg amtiert eine Regierung, für die soziale Gerechtigkeit und die Bekämpfung von Armut und Langzeitarbeitslosigkeit keine Priorität besitzen, auch wenn sie seit Neuerem anders reden. Nie gab es soviel Armut bei so viel Reichtum, nie wurde so tief in das Soziale, in Bildung und Kultur geschnitten, nie waren öffentliche Unternehmen so in Gefahr, nie wurde es Millionären so einfach gemacht, Steuern zu hinterziehen. Und nie waren Volks-Entscheide, Bürgerbeteiligung und Minderheitenmeinungen so wenig wert wie unter Ole von Beust. Studiengebühren sind Teil dieser unsozialen Politik. Deshalb unterstütze ich den Studiengebührenboykott.
Als Gewerkschaft treten wir an gegen eine Politik des Sozialdarwinismus und streiten für ein solidarisches Gemeinwesen.


Klaus Bullan
GEW-Vorsitzender Hamburg

Auch Hochschul-Bildung ist keine Ware!
Die GEW unterstützt den Studiengebührenboykott der Studierenden in Hamburg.
Studiengebühren führen zu einer weiteren Verschärfung der sozialen Selektion im Bildungswesen - immer weniger Menschen aus sozial benachteiligten Schichten können ihre Kinder studieren lassen.
Studiengebühren sind ein weiterer Schritt weg von der staatlich garantierten Bildung für alle hin zu einer Privatisierung der Bildung.
Wie an Kindertagesstätten und zunehmend an den Schulen, wo Vorschulgebühren, Büchergeld und Nachhilfeunterricht von den Familien bezahlt werden müssen, wird die Einführung von Studiengebühren die öffentliche Verantwortung für Bildung zurückdrängen.
Die Folgen sind eine weitere Verschärfung der sozialen Schieflage in dieser Gesellschaft, die Verlagerung von Bildungskosten von allen Steuerzahlern auf die Familien mit Kindern und die Kommerzialisierung von Bildung.
Bildung als Menschenrecht und gesamtgesellschaftliche Aufgabe wird privatisiert.
Auch das ist Teil der "Bildungswende" a la CDU in Hamburg!


Dr. Heike Opitz
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, Wissenschaftspolitische Sprecherin der GAL-Fraktion

Studiengebühren und demokratische Beteiligung von Studierenden
Studiengebühren sind kein Weg, die Probleme im Hochschulbereich zu lösen. Stattdessen bewahrheiten sich durch die aktuellen Ereignisse die Befürchtungen der Gebührengegner - die Studiengebühren führen zu einer noch stärkeren sozialen Spaltung der Gesellschaft. Befreiungen von den Gebühren soll es nach dem Willen von Senator Dräger nicht geben.
So wird auch die demokratische Verfasstheit der Hochschulen gefährdet. Denn eine Befreiung von den Gebühren für die Tätigkeit in der studentischen oder akademischen Selbstverwaltung ist nicht vorgesehen. Dabei geht sogar das Hamburger Hochschulgesetz davon aus, dass die Beteilung der Studierenden an der Selbstverwaltung der Hochschulen ein Recht der Studierenden ist und dies zu keiner Benachteiligung der Studierenden führen darf. Die Verzögerungen, zu denen ein solches Engagement führt, dürften also nicht dem Einzelnen aufgebürdet werden. Genau das will aber der Senat - und verweigert damit den Studierenden, an der demokratischen Verfasstheit der Hochschulen mitzuwirken.
Lasst Euch nicht abkassieren - Wehrt Euch!
Die Auseinandersetzung um Studiengebühren in Deutschland hat erst begonnen. Der politische und juristische Protest der Studierenden wird darüber entscheiden, wie unsozial und undemokratisch es in den Hochschulen zugehen wird. Stellt einen Antrag auf Befreiung von den Studiengebühren, beteiligt Euch an den studentischen, politischen und juristischen Aktionen, um den Anspruch auf ein Studium ohne Gebühren für Euch und Eure Mitstudierenden durchzusetzen.


Prof. Dr. Norman Paech
Hamburger Bundestagsabgeordneter für Die LINKE., em. Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Politik

Das Recht eines jeden Menschen auf Bildung ist Bestandteil der historischen Errungenschaft der Menschenrechte. Bildung muss demnach "auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewusstseins ihrer Würde gerichtet sein", sowie die "Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen" (UN-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte).
Diesem emanzipatorischen Anspruch wirken Studiengebühren diametral entgegen. Mit ihnen wird Bildung zu einer Ware, die vor allem den Bessergestellten zugute kommt. Das Bildungssystem wird damit noch selektiver als es ohnehin in Deutschland schon ist. Die faktische Auslese der Studierenden nach ihren finanziellen Möglichkeiten wirkt der dringenden Notwendigkeit, alle Schichten der Bevölkerung an einer breiten und vertieften Ausbildung teilhaben zu lassen, direkt entgegen.
Zudem gefährden derartige Maßnahmen, die von weiteren Kürzungen der universitären Kapazitäten, ja der Einstellung ganzer Ausbildungsbereiche vor allem der Geisteswissenschaften begleitet sind, den kritischen Anspruch der Wissenschaft. Sie wird immer mehr unter das Gebot der schnellstmöglichen Verwertbarkeit der Einzelnen im Arbeitsprozess gestellt. Das ist für die Anforderungen vollkommen veränderter Berufslebensläufe in der Zukunft kontraproduktiv und schädlich. Persönliche Entfaltung und der Beitrag der Wissenschaft zur humanen Entwicklung der Welt bleiben dann auf der Strecke.
Gerade Hamburg hatte diesbezüglich schon mehr entwickelt, z. B. mit dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, mit dem Carl Friedrich von Weizsäcker-Zentrum für Naturwissenschaft und Friedensforschung, mit der ehemaligen gewerkschaftlich orientierten Hochschule für Wirtschaft und Politik. Die Auswirkungen der Globalisierung und die zunehmende Militarisierung internationaler Beziehungen machen kritische Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung erforderlicher den je. Studiengebühren und die immer stärkere Ausrichtung auf fremdbestimmte Drittmittelforschung führen jedoch zum genauen Gegenteil. Ich unterstütze daher nachdrücklich den Boykott der Studiengebühren und wünsche den Hamburger Studierenden viel Erfolg.


Wolfgang Marx
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, SPD, Mitglied im Wissenschafts- und Haushaltsausschuss

Für ein Hamburg ohne Studiengebühren!
Die CDU-Mehrheit in der Hamburgischen Bürgerschaft hat 2006 die Einführung von Studiengebühren beschlossen.
Jetzt im Sommer 2007 sind auch in meiner Abgeordnetensprechstunde die befürchteten schlimmen Auswirkungen der Studiengebühren angekommen. Viele Studierende und Studieninteressierte wissen nicht, wie sie die Gebühren bezahlen sollen. Von vornherein werden Studierende so zu Bittstellern degradiert, anstatt ermutigt, aufrecht und selbstbewusst an Hochschulalltag und Gesellschaft zu partizipieren.
Die Studiengebühren verschärfen die soziale Auslese im deutschen Bildungssystem. Das ist politisch so gewollt; Die CDU hat ja noch nicht einmal die BAFÖG-Empfängerinnen und -Empfänger von den Studiengebühren ausgenommen.
Ich werde mich daher dafür einsetzen, dass die Studiengebühren in der nächsten Legislaturperiode wieder abgeschafft werden.


Max Eipp
Freischaffender Schauspieler, Regisseur, Journalist und Autor. Drehbuchautor von "Wut".

Es ist ein Skandal, dass ein Land, das gerade international gerügt wurde wegen seiner sozialen Schieflage im universitären Ausbildungsbereich, nun Studiengebühren einführt, um diese Situation noch zu verschlimmern!
Oder steckt da eine große Vision weltweiter Gerechtigkeit dahinter: in 20 Jahren bilden wir die Putzhilfen für die
3. Welt aus, während die uns ihre Computerspezialisten schicken!
Na, denn her mit den Studiengebühren!


Jan-Peter Petersen und Nils Loenicker
Kabarett ALMA HOPPE, Alma Hoppes Lustspielhaus

Studiengebühren führen zu sozialer Auslese. Das ist Teil des groß angelegten Bachelor-/Masterplanes des Senats.
Denn unter den Bedingungen der Globalisierung soll nun auch der Begriff der Chancengleichheit völlig neu definiert werden. Demzufolge soll jedes Kind zukünftig zunächst einen Elite-Kindergarten durchlaufen, eine Art Kniebeißer-Harvard, und dann sollen Arme und Reiche das gleiche Recht erhalten, an Eliteuniversitäten zu studieren.
Als flankierende Maßnahme plant der Hamburger Senat ein Gesetz, nach dem jedes erstgeborene Mädchen einer Familie den Vornamen Elite tragen muss. Damit hätten wir auf einen Schlag jede Menge Eliten und jede Menge Mädchen mit einem wunderschönen Vornamen: Elite Schnieber-Jastram zum Beispiel, das klingt doch richtig gut. Oder Elite-Gebine Hölze-Stäblein. Die Jungs heißen dann natürlich Elitheo und Deutschland wird umbenannt in Elitrea.
Euer Studiengebührenboykott ist eine mutige Aktion, der wir vollen Erfolg wünschen.

http://www.gebuehrenboykott.de/artikel_72.html [Stand 5. Juni 2007]