Gebührenboykott - Informationen zum Kampf für Gebührenfreiheit an der Universität Hamburg

Akademischer Senat: Beschlüsse zu Studiengebühren vom 18.12.2003 bis 24.06.2004

Sitzung am 18. Dezember 2003

Nach ausführlicher Diskussion fasst der Akademische Senat am 18. Dezember 2003 mit 12 : 0 : 1 Stimmen den Beschluss, den Tagesordnungspunkt 14 "Entwurf einer Studiengebührensatzung der Universität Hamburg" nicht zu behandeln.
Der Akademische Senat bittet außerdem zu überprüfen, welche Auswirkungen eine Verschiebung der Behandlung des Tagesordnungspunktes bis nach der erfolgten Neuwahl der Hamburgischen Bürgerschaft für die Studierenden hätte. Des weiteren bittet der Akademische Senat um rechtliche Auskunft zu der Frage, inwieweit auch ohne seine Beschlussfassung von anderen Stellen Ersatzvornahmen hierzu möglich wären.

Der Akademische Senat fasst mit 7 : 3 : 4 den Beschluss:
"Der Akademische Senat der Universität Hamburg wird sich bei der Reform und Weiterentwicklung der Universität weiterhin konsequent an seinem Programm Exzellenz und Vielfalt, dem Leitbild, der Grundordnung sowie seiner Forderung nach einem gebührenfreien Studium der Universität orientieren."
18. Dezember 2003

Der Akademische Senat nimmt ebenfalls auf der Sitzung vom 18. Dezember 2003 Einzelabstimmungen zu dem zweiten Antrag aus der studentischen Vorlage vor:
"2. Für ein gebührenfreies Studium!
Das Wirken für ein gebührenfreies Studium als Voraussetzung für die Bildung mündiger Menschen, zur Verwirklichung des Rechts auf wissenschaftliche Bildung und für den chancengleichen Zugang zu Bildung und Wissenschaft ist der Universität Aufgabe und Verpflichtung.

(mit 11 : 0 : 3 Stimmen angenommen)

Deshalb wird die Universität die anstehende Bürgerschaftswahl dafür nutzen, auf Grundlage ihrer Beschlüsse eine gesetzliche Regelung für ein gebührenfreies Studium für alle Studierenden durch den neuen Senat zu fordern und durchzusetzen.
(mit 6 : 4 : 5 Stimmen angenommen)

Der Akademische Senat behält sich vor, zu einem Zeitpunkt nach Neubildung des politischen Senates zu einer gegebenenfalls notwendigen Gebührensatzung Stellung zu nehmen.
(mit 8 : 5 : 2 Stimmen angenommen)"

Sitzung am 5. Februar 2004:

"Der Akademische Senat hat mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er prinzipiell für ein gebührenfreies Studium eintritt und bekräftigt diese Auffassung, die ungeachtet der geänderten Gesetzeslage besteht.
Der Akademische Senat nimmt das Schreiben der Behörde für Wissenschaft und Forschung zum ’Erlass einer Studiengebührensatzung durch die Universität Hamburg’ (SV XVIII/610/459) zur Kenntnis.
Der Akademische Senat verweist auf seinen Beschluss zu diesem Thema vom 18. Dezember 2003 und weist nachdrücklich darauf hin, dass er weiterhin Beratungsbedarf hat und sich das Recht auf eine Stellungnahme zu einer Gebührensatzung vorbehält.“

Nach der Bürgerschaftswahl 2004 Ende Februar 2004

mußte dem gesetzlichen Diktat zwar vorerst stattgegeben werden, dennoch gibt es eine inneruniversitäre Selbstverständigung, "die Not so sozial, transparent und gerecht wie möglich zu gestalten". Auf der ersten Sitzung nach der Bürgerschaftswahl befaßt sich der Akademische Senat kritisch mit einer "Satzung zur Befreiung von Studiengebühren":

Der Akademische Senat fasst mit 14 : 1 : 0 Stimmen folgenden Beschluss:
"Der Akademische Senat lehnt die Gebührensatzung in der vorliegenden Fassung (SV XVIII/611/495) ab.
(Begründung: *)
Der Akademische Senat fordert das Präsidium auf, eine Satzung zu erlassen, die wenigstens die folgenden zusätzlichen Regelungen enthält:
 Die Gebühren werden erstmals im Sommersemester 2005 erhoben, um den Vertrauensschutz der Studierenden zu gewährleisten.
 Studierende können nachträglich Teilzeitsemester anerkennen lassen, wenn sie in dem betreffenden Semester nachweislich weniger als 20 SWS studiert oder mehr als 10 Stunden die Woche gearbeitet haben. Für je zwei Teilzeitsemester erhöht sich das Guthaben um ein Semester (§6 Abs. 8 Pkt. 1 HmbHG).
 Von Mängeln in der Studienorganisation nach § 6 Abs. 10 Pkt. 4 HmbHG ist auszugehen, wenn in einem Studiengang mehr als 50% der Studierenden ihren Abschluss nicht in Regelzeit schaffen. In diesem Fall wird zur Berechnung des Studienguthabens nicht die Regelstudienzeit plus vier Semester, sondern die durchschnittliche Studienzeit plus vier Semester herangezogen.
 Die Reduktion des Guthabens nach §2 Abs. 3 vorläufige Satzung um Hochschulsemester an anderen Hochschulen entfällt, da dort erbrachte Studienleistungen in vielen Fällen nicht anerkannt werden.
 Über Widersprüche entscheidet ein Ausschuss des Akademischen Senats.
 Die Änderungsvorschläge des Ausschusses für Lehre und Studium werden berücksichtigt. Der Akademische Senat bittet den Hochschulrat, eine Satzung die diese Änderungen nicht enthält, nicht zu genehmigen.
Die vom Präsidium der Universität erlassene und vom Zentrum für Studierende verschickte ’Vorläufige Satzung der Universität zur Befreiung von Studiengebühren vom 19. Februar 2004’ wird umgehend zurückgenommen. Alle Studierenden und die Öffentlichkeit werden umgehend und umfassend über die Rücknahme der ’Vorläufigen Gebührensatzung’ aufgeklärt. Für das weitere Verfahren wird den Beschlüssen der Universität Rechnung getragen."

*) Nach einer statusgruppenübergreifenden Verständigung wird folgende Begründung zu Protokoll gegeben:
„Die sofortige Erhebung von Gebühren mit einer Übergangsfrist von weniger als vier Wochen verletzt den Vertrauensschutz der Studierenden. Außerdem wird die vorliegenden Fassung dem in der Präambel formulierten Grundsatz, dass die Möglichkeit zu studieren nicht durch soziale, persönliche, wirtschaftliche oder sonstige wichtige Gründe verhindert werden soll, in keiner Weise gerecht. Insbesondere wurden zahlreiche in diese Richtung weisende Änderungsvorschläge des Ausschusses für Lehre und Studium nicht berücksichtigt. Bemerkenswert ist, dass diese dafür in die Gebührensatzung der HWP aufgenommen wurden!“

Entgegen der verbreiteten Stigmatisierung von längere Zeit Studierenden als Verantwortlichen für die schlechte finanzielle Lage der Hochschulen macht der Akademische Senat auf die tatsächlichen Ursachen für schlechte Studien- und Arbeitsbedingungen and er Universität aufmerksam:

Der Akademische Senat fasst außerdem mit 13 : 0 : 2 Stimmen folgenden Beschluss:
"Darüber hinaus wendet sich die Universität verstärkt der dramatischen Unterfinanzierung der Wissenschaften und der miserablen sozialen Lage der Studierenden (dies in besonderer Zusammenarbeit mit dem Studentenwerk) zu, um auf diese Problemlagen öffentlich wie dem Senat gegenüber hinzuweisen. In diesem Zusammenhang sollte auf die problemlösende Potentialität der Wissenschaften mit Nachdruck aufmerksam gemacht werden."

Sitzung am 24. Juni 2004

Auf seiner Sitzung am 24. Juni 2004 befaßt sich der Akademische Senat mit den Schwierigkeiten bei der Erhebung der Studiengebühren. Er ist bemüht, der zuständigen Verwaltung Voraussetzungen für ein möglichst soziales und transparentes Verfahren zu schaffen. Als Grundlage dienen Beschlüsse seines Ausschusses für Lehre und Studium, der sich detailliert mit Bedingungen befaßt hat, die gewährleisten können, daß niemand aus sozialen Gründen sein Studium abbrechen muß.

Der Akademische Senat fasst nach Erörterung einstimmig folgenden Beschluss:
"1. Der Akademische Senat setzt einen Ausschuss zur Beratung des in Widerspruchsverfahren bei der Erhebung von Studiengebühren zuständigen Juristen der Universität Hamburg in generellen und schwierigen Einzelfällen ein.
2. Der Akademische Senat beschließt die Evaluierung des Verfahrens.
3. Der Ausschuss zur ’Beratung in Widerspruchsverfahren bei der Erhebung von Studiengebühren’ setzt sich aus
 einer Studentin bzw. einem Studenten
 einer Vertreterin bzw. einem Vertreter aus dem Lehrkörper
zusammen.
Den Vorsitz dieses Ausschusses übernimmt der für Lehre und Studium zuständige Vizepräsident Prof. Dr. Fischer."

Der Akademische Senat fasst weiter mit 10: 0 : 2 Stimmen folgende Beschlüsse:
"Für eine transparente, soziale und gerechte Auslegungspraxis der "Satzung der Universität Hamburg zur Befreiung von Studiengebühren":
Ihren vielfältigen Beschlüssen für ein gebührenfreies Studium verpflichtet, wird die Universität die gesetzlich vorgeschriebene Erhebung von Studiengebühren so transparent, sozial und demokratisch wie möglich gestalten.
Bei der Auslegung der Regelungen der "Satzung der Universität Hamburg zur Befreiung von Studiengebühren" folgt sie dabei dem in der Präambel festgelegten Grundsatz, ihr Möglichstes dafür zu tun, dass kein Studierender und keine Studierende aus sozialen, finanziellen, gesundheitlichen, studienbedingten, persönlichen oder sonstigen wichtigen Gründen genötigt ist, das Studium zu beenden.
Das Merkblatt "Hinweise für Studierende zu den Studiengebühren der Universität Hamburg" wird diesem Beschluss entsprechend überarbeitet.

Für einen umfassenden Datenschutz im Verfahren zur Erhebung bzw. Befreiung von Studiengebühren:
Die Universität Hamburg ist verpflichtet, in dem Verfahren zur Erhebung der gesetzlich vorgeschriebenen Studiengebühren einen umfassen Datenschutz zu gewährleisten.
Die Universität wird daher eine Datenschutzerklärung verfassen, veröffentlichen und allen betroffenen Studierenden zukommen lassen, die beinhaltet, dass alle Daten weder inneruniversitär noch an außeruniversitäre Stellen weitergegeben werden. Dazu gehört u.a., dass die von Studierenden vorgetragenen und eingereichten Gründe, Darlegungen und Belege streng vertraulich behandelt werden und sie einzig von denjenigen einzusehen sind, die mit dem unmittelbaren Verfahren zur Erhebung bzw. Befreiung von Studiengebühren befasst sind.
Falls die Universität gesetzlich verpflichtet ist, anderen staatlichen Stellen/Behörden Daten zukommen zu lassen, werden die betroffenen Studierenden rechtzeitig über das Verlangen der Weitergabe der Daten informiert.

Informationspflicht der Universität für ein transparentes Verfahren zur Erhebung bzw. Befreiung von Studiengebühren:
Die Universität Hamburg informiert Studierende, Studienbewerber und Studieninteressierte umfassend über die gesetzlichen Regelungen zur Erhebung von Studiengebühren, ihre jeweiligen "Studienguthaben", die Beschlüsse der Universität zur Einführung von Studiengebühren, Befreiungsgründe und -verfahren, Beratungsmöglichkeiten sowie über juristische Möglichkeiten gegen die Studiengebührenpflicht vorzugehen.
Dies geschieht durch Anschreiben, Informationsmaterial, Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und Beratungsangebote. Die alleinige Information über die Homepage der Universität erfüllt nicht die Informationspflicht.

Demokratische Entwicklung und Bewertung des Verfahrens zur Erhebung bzw. Befreiung von Studiengebühren durch die zuständigen Gremien der akademischen Selbstverwaltung:
Das Zentrum für Studierende informiert den Ausschuss für Lehre und Studium, den Akademischen Senat und den Hochschulrat regelmäßig über Vorgehen, Erfahrungen, Erkenntnisse, Probleme und Schwierigkeiten im laufenden Verfahren zur Erhebung bzw. Befreiung von Studiengebühren.
Der Ausschuss für Lehre und Studium, der Akademische Senat und der Hochschulrat werten diese Berichte aus und entwickeln auf ihrer Grundlage das universitäre Verfahren mit dem Ziel der transparenten, sozialen und demokratischen Gestaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Gebührenerhebungspflicht weiter.
Ziel ist die Erhebung von Erkenntnissen für die politische Bewertung der Sinnhaftigkeit der Erhebung von Studiengebühren, ihre Auswirkungen auf Studierende, Studieninhalte, Studienbewerbungen und -zulassungen, Exmatrikulationen und die gesellschaftliche Aufgabe der Universität sowie die Ausstattung von Universitäten, ihrer Unterfinanzierung und der Entwicklung von Studienfinanzierung insgesamt."

http://www.gebuehrenboykott.de/artikel_18.html [Stand 22. Februar 2007]