ver.di bleibt beim Nein zu Studiengebühren


ver.di bleibt beim Nein gegen Studiengebühren:
Pressemitteilung von ver.di Hamburg vom 29.11.2005

„Wir positionieren uns entschieden gegen die Ein-führung von Studiengebühren“, kommentiert Roland Kohsiek, ver.di Hamburg, das Vorhaben des Ham-burger Wissenschaftssenators Dräger, ab Herbst 2006 Studiengebühren einzuführen.
„Es kann nicht sein, dass die soziale Herkunft über die Bildungschancen entscheidet – Bildung ist kein Privileg der besser verdienenden Schichten“, fährt Kohsiek fort. „Unserer Meinung nach darf sich die bereits an den Schulen beginnende soziale Se-lektion nicht an den Universitäten fortsetzen.“
ver.di steht dafür, dass wesentlich mehr Jugendliche aus einkommensschwachen und unteren Schichten ein Studium ermöglicht wird. Dies würde auch den dringend notwendigen Akademisierungsgrad in Ham-burg erhöhen.
Kohsiek ergänzt: „Wenn Studierende zu Kunden werden, dann ist das das Ende der Gruppen-universität. Studiengebühren verschärfen die Kon-flikte und Probleme im Bildungswesen, sie sind keine Lösung.“
Quelle


Beschluss des ver.di-Bundesvorstands (07.11.2005)
ver.di bleibt beim Nein zu Studiengebühren


Der Bundesvorstand ruft alle Landesbezirke und Bezirke der ver.di auf, Aktionen gegen Studiengebühren zu unterstützen und mit studentischen Interessenvertretungen und Organisationen zusammenzuarbeiten.
In keinem anderen OECD-Land entscheidet die soziale Herkunft so sehr über die Bildungschancen und damit über die Zukunft eines Kindes wie in Deutschland. ver.di fordert daher seit langem ein Gesamtkonzept der Bildungsfinanzierung, das den Lern- und Lebensweg vom Kindergarten bis zur Weiterbildung umfasst.
In den nächsten Monaten werden die ersten Bundesländer Studiengebühren einführen und damit die soziale Selektion noch verschärfen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind die Vorreiter, Hamburg, Bayern und Niedersachen folgen in Kürze. Die Pläne unterscheiden sich im Detail, die Zielrichtung ist jedoch einheitlich und klar: Grundsätzlich sollen möglichst viele Studierende 500 Euro pro Semester zahlen. Auch BAFöG-EmpfängerInnen werden nicht ausgenommen.
In Bundesländern, in denen CDU, CSU und FDP das politische Sagen haben, verstärkt sich damit der Trend, dass Bildung zum Privileg der besser verdienenden Schichten wird. Künftig ist nicht die Begabung, sondern der Geldbeutel entscheidend. Zu befürchten ist, dass politisch anders besetzte Landesregierungen dem zu erwartenden Ansturm auf ihre Hochschulen dann ebenfalls mit Studiengebühren begegnen werden, insbesondere, wenn kein Vorteilsausgleich gelingt.
Für ver.di ist klar:
– So wird den Kindern finanzschwacher Familien das Studium verwehrt oder zumindest erschwert. Wer kein Geld hat, soll einen Kredit aufnehmen. Das wiederum würde bedeuten, dass junge Menschen nach dem Studium mit Schulden ins Berufsleben wechseln, Schulden, die sie möglicherweise nicht mehr los werden. Diese Aussicht wird viele von einem Studium abschrecken.
– Studiengebühren verfestigen bestehende Bildungsbarrieren bzw. bauen neue auf.
– Die Abschreckungswirkung von Studiengebühren wird zu einem Verdrängungseffekt und damit zu einer Verschärfung der Krise auf dem Ausbildungsplatzmarkt führen. Alle gegenwärtig diskutierten Pläne stellen wir die Forderung entgegen:
Keine Studiengebühren für das Erststudium bis zum höchsten für den Arbeitsmarkt qualifizierenden Abschluss.
Wir stehen für den offenen Zugang zu den Hochschulen, unabhängig von den sozialen oder finanziellen Voraussetzungen der Jugendlichen. Wir stehen dafür, dass wesentlich mehr Jugendlichen aus finanzschwachen Schichten ein Studium ermöglicht wird.
– Deshalb muss das Erststudium frei von Studiengebühren bleiben.
– Deshalb muss der Zugang zur Hochschule auch künftig überall besonders qualifizierten Absolventen einer Berufsausbildung ohne Abitur offen stehen.
– Deshalb muss das BAföG bleiben und darf nicht in ein Volldarlehen umgewandelt werden.
Die Probleme des Bildungswesens sind mit Studiengebühren nicht zu lösen, sie vergrößerten sie vielmehr. Internationale Vergleiche zeigen, dass die öffentliche Steuerung des Bildungswesens bessere Ergebnisse erzielt als die Steuerung über Markt und Wettbewerb.

Berlin, 07. November 2005
Quelle